Zitat Zitat von Chronos [Links nur für registrierte Nutzer]
Zölle sind letztlich auch eine Möglichkeit, dass ein Land oder ein Wirtschaftsraum sich vor der Flutung mit Produkten aus Ländern mit Niedrigstlöhnen schützt.

Einige dieser Extemen waren vor längerer Zeit mal die VHS-Cassetten, für die Anfang der Neunziger spezielle EU-Schutzzölle eingeführt wurden, weil diese Cassetten besonders in Südkorea zu Löhnen hergestellt wurden, die in Europa bereits undenkbar geworden waren.

Weiter ging und geht es bis heute noch bei vielen Erzeugnissen, beispielsweise sehr repräsentativ bei Bekleidung.
Die Dramen aus Bangladesh (wo eine Näherin im ganzen Monat nur den Gegenwert von vielleicht 30 Euro verdient) und anderen Extrem-Niedriglohnländern sind sicher noch in allgemeiner Erinnerung, und dann in der weiteren Stufe erleben wir es gerade aktuell mit den extrem preiswerten Solarmodulen und E-Autos aus China.
Und Kostendruck auf die Ausgangsstoffe für Medikamente und die daraus resultierende Verlagerung nach China und Indien ist uns allen doch auch noch geläufig.

Meine persönliche Meinung: Ohne ein gewisses Maß an Schutzzöllen geht es heutzutage im weltweiten Handel gar nicht mehr, wenn Hochlohnländer in direktem Wettbewerb mit Niedrigstlohnländern stehen und dadurch nicht erhebliche Einbußen hinnehmen wollen.

Wir, also der gesamte Westen, hat sich mit seinen ganzen sozialen Wohltaten aus jedem direkten Kostenvergleich mit den Niedriglohnregionen der Welt (vor allem Ost- und Südostasien) hinaus katapultiert.

Hinzu kommen auch noch zwei weitere Faktoren, die den Kostendruck auf europäische Waren weiter ansteigen ließen:

1. Seit den Achtzigern und nach dem Zusammenbruch der Wirtschaften in zuvor abgeschotteten kommunistischen Ländern (vor allem in China mit seinen eineinhalb Milliarden Menschen, die zuvor wirtschaftlich gar nicht wahrgenommen wurden) kamen plötzlich viele Millionen neuer Arbeitnehmer neu in den Wettbewerb, die logischerweise indirekt als Hebel für den Preisdruck mitwirken;

2. Bei immer weiter zunehmender Rationalisierung und Automatisierung und gleichzeitiger Zuname der Weltbevölkerung, einhergehend mit sich den Sättigungsgrenzen nähernden Produktkategorien, bleibt eine zunehmende Verknappung von Arbeitsplätzen gar nicht aus.

Mein persönliches Fazit:

Bei Fortschreibung der derzeitigen Marktparameter und politisch-soziologischen Bedingungen werden Schutzzölle eine zunehmende Bedeutung und Rechtfertigung erfahren, wenn ganze Regionen wie beispielsweise Europa nicht auf das wesentlich niedrigere, kostengünstigere Lebenskosten-Niveau der riesigen Niedriglohnregionen absinken wollen.

Trotz der Regularien der WTO hat sich die völlige Handesfreizügigkeit mit nur minimalen Zöllen als vergifteter Pfeil erwiesen. China führt uns gerade drastisch vor Augen, wie man den ursprünglich angedachten freien Handel mit versteckten staatlichen Maßnahmen unterlaufen und aushebelb kann.

Noch einfacher formuliert: Niedriglöhne von etwa zwei Dritteln der Erdbevölkerung stehen in direktem Konkurrenzkampf gegen die hohen Lebensstandardkosten einer kleinen Hochlohn-Minderheit in Europa und Amerika.
Hochlohn? Die Produktionskosten bestimmen die Konkurrenzfähigkeit eines Produktes, und die werden von der Regierung massgeblich beeinflusst:

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China mit einer Staatsquote von 33,4% oder die Schweiz mit 31,5% des BIP können naturgemäss viel kostengünstiger produzieren als Deutschland mit 49,5% oder Griechenland mit 52,5%. Eine niedrige Staatsquote allein ists natürlich nicht; es kommt auch darauf an, was der Staat mit den einbehaltenen Steuern und Abgaben macht, und welche bürokratischen Kosten ein überbordender Staat verursacht. China hat etwa im Jahr 1990 viele staatliche Posten einfach gestrichen und die freiwerdenden Kräfte in die Wirtschaft entlassen - mit einem gewaltigen Produktionsstandortvorteil. Ausserdem hat China seinen eigenen Handelsraum gegründet:

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Der Handelsraum des Westens sei nicht die Lösung, sondern das Problem, meinten sie etwa im Jahre 2000. Heuer handeln sie sowohl mit dem Westen und allen anderen Staaten als auch in ihrem Handelsraum und lassen sich durch keine Embargobestimmungen ... des Westens drangsalieren.

Die fehlende Produktion in Deutschland ist ja nicht "weg", sie findet eben woanders statt, und Rationalisierungen schafft keine Arbeitsplätze ab, sondern verlagert sie.
Welche Zölle haben dann bei uns einen Boom ausgelöst? Die auf E-Autos jedenfalls nicht:

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Wenn man Produkte zu teuer oder unwirtschaftlich macht, werden sie eben nicht mehr gekauft.